Österreich

Mit Wasserkraft gegen den Klimawandel

29.11.2021 • 18:49 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Mit moderner Technologie kann die Effizienz von Kleinwasserkraftanlagen auf 94 Prozent erhöht werden
Mit moderner Technologie kann die Effizienz von Kleinwasserkraftanlagen auf 94 Prozent erhöht werden WWS

Dank der Berge ist Österreich prädestiniert für Strom aus Wasserkraft.

Die Kraft des Wassers ist eine der ältesten Energieformen, die von Menschen genutzt werden. Ein Hinweis darauf sind viele Bäche, Kanäle oder Orte, die das Wort “Mühle” in der einen oder anderen Weiße im Namen tragen. Im 18. Jahrhundert entwickelte der Physiker Leonard Euler dann die Formeln zur Strömungsmechanik. Basierend darauf entwickelte der Franzose Claude Burdin im 19. Jahrhundert das Konzept der Turbine. Das war der Startschuss für ein neues Zeitalter der Energiegewinnung mit Wasser.

Lester Pelton entwickelte 1879 eine Freistrahlturbine, die entfernt an die Wasserräder von einst erinnern. Schon 30 Jahre vorher hatte sein Landsmann James Francis die ersten Turbinenkonzepte weiterentwickelt. Diese war der Ausgangspunkt für den gebürtigen Steirer Viktor Kaplan, der 1913 in Brünn eine neuartige Turbine entwickelte. Diese drei Männer sind die Namensgeber der noch heute meist genutzten Turbinentypen.

Digitalisierung und Cybersecurity

Die horizontale Kaplan-Turbine ist auch heute einer der Verkaufsschlager des Grazer Industriekonzerns Andritz AG, die hier einen weltweiten Marktanteil von 70 Prozent hat. Sie eigenen sich gut für hohe Wassermengen bei niedrigem Gefälle, wie bei Laufkraftwerken in Flüssen. Auch wenn die Basistechnologie mehr als hundert Jahre alt ist, werde sie laufend weiterentwickelt, betont man bei der Andritz AG.

Wasserkraft in Österreich

Die Fakten. 5000 Wasserkraftwerke sind derzeit in Österreich in Betrieb. 4000 davon fallen in die Kategorie Kleinwasserkraftwerk. Sie liefern rund zehn Prozent des heimischen Strombedarfs.

Das Ziel. Bis zu zwei Drittel der Strom-
erzeugung in Österreich entfallen auf Wasserkraft. Fünf Terawattstunden (TWh) sollen bis 2030 zu den aktuell 42 TWh hinzukommen.

Die Umsetzung. Vor allem die Modernisierung von Anlagen steht im Fokus.

Das Ziel dieser Forschung sei es, die Energie des Wassers projektspezifisch bestmöglich in elektrische Energie umzuwandeln. Digitalisierung, Automatisierung und Cybersecurity mit höchsten Standards werden dabei für neue Projekte eingesetzt und bestehende Anlagen damit modernisiert. Mit seinen Universitäten und einer soliden Industrie sei Österreich für die Zukunft in diesem Bereich bestens gerüstet, bestätigt der Konzern.

Die Zukunft im Kleinen

Und tatsächlich ist der Branchenprimus längst nicht das einzige österreichische Unternehmen auf dem Markt. Vor allem im Bereich der Kleinwasserkraftwerke tut sich derzeit extrem viel. Laut dem oberösterreichischen Anlagenbauer WWS Wasserkraft könne man durch Strömungssimulation auch bei Kleinwasserkraftwerken der Wirkungsgrad weiter mal steigern. Das Ergebnis: Wirkungsgrade von bis zu 94 Prozent, wie bei großen Wasserkraftwerken.

Den Trend zur Kleinwasserkraft sieht auch Martin Goldberger vom Feldkirchner Turbinenbauer EFG. „Mit einem Ausbau und der Revitalisierung von Kleinwasserkraftwerken kann Wasserkraft einen großen Beitrag zur Erreichung der Energiewende leisten.” Durch die dezentrale Lage könne man auch den Bau von Überlandleitungen entgegensteuern. “Österreich hat aufgrund der Topografie noch Reserven zum Ausbau der Kleinwasserkraft, natürlich mit Maß und Ziel.”

Trinkwasser

Eine dieser Reserven sind sogenannten Trinkwasserkraftwerke. Oft werden Quellen in Bergen eingefasst und in Orte oder Städte im Tal geleitet. So ein Projekt hat Bernhard Hammer mit seinem Ingenieurbüro E-Quadrat in Stainach-Pürgg umgesetzt. Das Trinkwasser bekommt die Ennstaler Gemeinde aus Quellen am Dreispitz. Von dort strömt das Wasser schon seit Jahrzehnten in einen Hochbehälter. Seit 2015 wird die Wasserleitung zusätzlich als Kraftwerk genutzt.

Als Planer ist Hammer so etwas wie der Architekt von Kleinwasserkraftwerken und kennt alle Hürden so eines Projekts. “Wasser ist ja öffentliches Gut, deshalb braucht es immer eine behördliche Genehmigung.” Und auch der Netzbetreiber vor Ort muss mitspielen und die Netzkapazität zur Verfügung stellen. “Das sind die Bereiche, wo es oft zu Verzögerungen kommt”, weiß Hammer. “Aber Wasserkraft ist essenziell für unsere Zukunft. Sie ist verfügbar und effizient.”

Solide Konstruktionen

Lage und Verfahrensdauer sind der Grund, warum die Kosten für so ein Kleinwasserkraftwerk stark variieren. Aber man müsse mit mindestens einer Million Euro rechnen, sagt Hammer. Eine kurzfristige Betrachtungsweise tauge daher nicht für die Wasserkraft, erklärt EFG-Prokurist Goldberger. “Wir sprechen hier von Jahrzehnten.” Als Beispiel nennt er das Kraftwerk Murinsel in Bruck an der Mur, wo EFG die fünf Maschinensätze saniert hat.

Das traditionsreiche Kraftwerk liefert seit 1903 Strom aus Wasserkraft. “Solche Konstruktionen sind solide und wenn man regelmäßig in die Instandhaltung & Automatisierung investiert, laufen diese Kraftwerke Jahrzehnte und in diesem Fall sogar Jahrhunderte.”