10.03.20, 16:54

Wien/Brüssel (energate) - Österreichs Regierung und das Bundesland Vorarlberg fordern von der EU die Einstellung eines Vertragsverletzungsverfahrens im Bereich der Wasserkraft. "Die Vorarlberger Wasserkraft muss in Vorarlberger Hand bleiben", forderte Landeshauptmann Markus Wallner gemeinsam mit Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) in Bregenz. Ihr Protest wendet sich gegen ein Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission im März des Vorjahres gegen acht Mitgliedsländer eingeleitet hatte. Neben Österreich sind unter anderem Deutschland, Frankreich und Schweden betroffen (energate berichtete).

Wasserkraftwerke der Illwerke im Mittelpunkt

Im Falle von Vorarlberg kritisiert die EU die Wiederverleihung der Wasserbenutzungsrechte an den landeseigenen Versorger Illwerke VKW. Zuvor haben die Illwerke beim Landwirtschaftsministerium als der obersten Wasserrechtsbehörde der Republik Anträge auf Wiederverleihung der Wasserbenutzungsrechte gestellt, und zwar für den längstmöglichen Zeitraum von 90 Jahren. Konkret geht es dabei um das Kraftwerk Rodund I inklusive Latschauwerk und Hangkanal nach Partenen, das Obervermuntwerk I sowie das Vermuntwerk.

Nach Ansicht der EU-Kommission verstoßen die diesbezüglichen Gesetze Österreichs gegen die Vorgaben der europäischen Dienstleistungsrichtlinie. Außerdem werde die Niederlassungsfreiheit unzulässig eingeschränkt. Aus österreichischer Sicht ist dieser Standpunkt eine rechtliche Fehlinterpretation. "Es geht bei der Bewilligung um den Betrieb bestehender Anlagen, nicht um eine Dienstleistung", betonte Landeshauptmann Wallner. Niemand könnte verstehen, dass diese Bewilligung europaweit ausgeschrieben werden sollte und dass dadurch ausländische Betreiber in Vorarlberg Wasserrechte erwerben und die Kraftwerke blockieren könnten.

Köstinger: Österreichisches Recht ist EU-konform

Ministerin Köstinger berichtete, dass sie in dieser Angelegenheit bereits Kontakt mit der EU-Kommission aufgenommen habe. Zudem habe das Bundeskanzleramt schon im Juli des Vorjahres gegenüber der Kommission dargelegt, dass das österreichische Wasserrecht weder gegen die Dienstleistungsrichtlinie noch gegen die Niederlassungsfreiheit der EU verstoße. Österreich erzeuge 75 Prozent des Stroms mit Erneuerbaren, davon rund 60 Prozent mit Wasserkraft. "Das muss auch so bleiben. Internationalen Großkonzernen darf nicht Tür und Tor geöffnet werden", so Köstinger.

Nach ihren Worten ist die Wiederverleihung der Nutzungsrechte an die Illwerke sehr wohl EU-rechtskonform, "weil es sich dabei nicht um selbständiges Recht handelt, sondern um einen notwendigen Teil des Wasserbenutzungsrechts". Das eigentliche Privileg der Illwerke bestehe nur darin, dass sie die Anlage während der Dauer des Wiederverleihungsverfahrens weiterbetreiben dürfen. Rechtstechnisch sei dies über die Befristung des Wasserrechtes und deren Wiederverleihung verwirklicht, so die Ministerin. "Die Wiederverleihung ist die effizientere Lösung. Die Alternative wäre eine dauerhafte Verleihung, die dann einer Überprüfungsfunktion und einer Möglichkeit der Entziehung der Nutzungsrechte bedürfen würde."

Illwerke-Chef: Weitreichende Auswirkungen drohen

Illwerke-VKW-Vorstand Christof Germann bestätigte, dass es für die Stromproduktion des landeseigenen Versorgers schwere Konsequenzen haben könnte, wenn Brüssel die Bewilligungen für die genannten Anlagen, nach seinen Worten "das Herzstück einer ganzen Kraftwerkskette", entziehen würde. Falls die EU-Kommission ihre Position durchsetzen würde, hätte das außerdem Auswirkungen weit über Vorarlberg hinaus. Das würde massiv in das heimische Wirtschaftsrecht und insbesondere in die Positionen der jeweiligen Kraftwerkseigentümer eingreifen, warnte Germann. /Peter Martens

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