Der Stausee Kops liegt in Vorarlberg an der Grenze zwischen Silvretta und Verwall
Der Stausee Kops liegt in Vorarlberg an der Grenze zwischen Silvretta und Verwall.
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Die Wasserkraft macht in Österreich den weitaus größten Anteil an erneuerbaren Energien aus. Heißere Sommer und Dürren wie im Jahr 2022 lassen bei manchen aber die Sorge um diese Energiequelle wachsen.

Die Interessenvertretung der heimischen E-Wirtschaft (Oesterreichs Energie) sieht die Wasserkraft aber auch im voranschreitenden Klimawandel als sicher an. Die jährliche Wassermenge werde in Österreich in den kommenden Jahren wahrscheinlich sogar leicht steigen, heißt es mit Hinweis auf eine Studie des Beratungsunternehmens Afry im Auftrag der E-Wirtschaft.

Die Studie stützt sich unter anderem auf Wettermessungen der vergangenen Jahrzehnte. Demnach ist es in Österreich deutlich wärmer geworden, gerade seit den Neunzigern waren viele Jahre im Schnitt ein bis zwei Grad wärmer als im langjährigen Mittel. Bei den Niederschlägen ist das Bild hingegen nicht so klar, die Veränderungen sind geringer. In der Vergangenheit gab es eine leichte Zunahme in vielen Regionen Österreichs, davon ausgenommen sind nur Teile des Südens und Vorarlberg.

Mehr Abfluss im Winter

Eine klare Veränderung bei den Wassermengen erkenne man im Vergleich der Jahreszeiten. "Wir sehen eine Tendenz zu geringeren Abflüssen im Sommerhalbjahr und höheren Abflüssen im Winterhalbjahr", sagte Martin Fuchs, Wassermanagementexperte bei Afry, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Zum Beispiel komme es in Gebieten mit noch vorhandenen Gletschern zu früheren Schmelzen im Frühling.

Für die Wasserkraftwerke sei die saisonale Verschiebung der Zuflüsse in die Wintermonate kein Problem. "Die Wasserkraft ist sehr anpassungsfähig und kann auch mit Schwankungen gut umgehen", sagte Fuchs.

Karl Heinz Gruber von der Interessenvertretung der E-Wirtschaft erkennt sogar Vorteile. "Die Verschiebung vom Sommer in den Winter ist in Summe positiv", sagte er. Denn durch den Ausbau von Photovoltaik und Windenergie werde Österreich zwar im Sommer künftig genügend Strom haben, allerdings entstünden Lücken im Winter. Dass sich die Stromerzeugung aus Wasserkraft in die kälteren Monate verschieben wird, sei daher positiv.

Investitionsbedarf

Unbestritten ist laut der Studie auch, dass Starkregenereignisse und Dürren aufgrund des Klimawandels zunehmen werden. Wasserkraftwerke und Turbinen müssten auch deshalb modernisiert werden, heißt es aus der E-Wirtschaft. Vereinfacht gesagt müssen Wasserkraftwerke flexibler reagieren können, um Verluste bei hohen Abflüssen zu verringern und umgekehrt geringe Wassermengen effizient zu nutzen.

Speicherkraftwerke könnten die regionalen Auswirkungen von Extremwetter auch dämpfen, sagt Gruber. Durch ihr großes Volumen könnten alpine Speicher künftig herangezogen werden, um Schwankungen der Wassermenge auszugleichen und negative Effekte von Dürren auf Wasserhaushalt und Stromproduktion zu reduzieren. Die Wasserkraft gewinne im Klimawandel somit an Bedeutung gewinnen, sagt Gruber.

Gletscherabfluss wird versiegen

Verdanken sich Österreichs konstante Wassermengen der vergangenen Jahre vielleicht nur dem Abschmelzen der Gletscher? Laut Afry-Studie nahm der Beitrag der Gletscherschmelze an den Abflüssen zwar zu und wird im Laufe des 21. Jahrhunderts verlorengehen. Die Rolle der Gletscher für die Wasserkraft sei im bundesweiten Maßstab aber nicht entscheidend, sagt Fuchs dem STANDARD. "In den Ostalpen haben wir eine relativ geringe Vergletscherung. Es kommt natürlich viel mehr Wasser vom Niederschlag", sagt er. (kap, 11.1.2024)